Die Generation-Z gilt als großes Mysterium. Neu auf dem Arbeitsmarkt und schon wollen sie bestehende Prozesse umändern, nur noch via Kurznachrichten kommunizieren und remote von Bali, Singapur oder der Rest der Welt arbeiten. Doch ist das wirklich so?
Erstmal auf Anfang. Über die Autorin: Ich bin Muriel, Gen-Zlerin. Neben meiner Arbeit hinter den Kulissen der Zukunft Personal-Events bin ich bei WOMEN IN EXHIBITIONS DACH im Board tätig. Gemeinsam arbeiten wir im Frauennetzwerk daran, das Thema Diversität in all seinen Facetten in der Messebranche voran zu treiben. So auch am 10. und 11. Juli 2023 auf der FAMA Dachtagung in Basel, Schweiz. Im Arbeitskreis HR & ORGANISATION, KULTURWANDEL & DIVERSITY diskutierte ich mit Valerie Grimm, Project Manager Congresses & Events bei Messe Frankfurt GmbH, Vincenz Hinte, Director Media Production bei HINTE Marketing- und Media GmbH, und Juliane Jähnke, Initiatorin WIE DACH, über ein Herzensthema: die Generation-Z. Gemeinsam sprachen wir über Merkmale der Gen-Z, ihre Bedürfnisse und wie sie sich im Arbeitsleben verhalten.
Zuerst die Basics: Zur Generation-Z gehören Menschen, die zwischen 1997 und 2010 geboren wurden. Je nach Literatur verschwimmen die Grenzen der verschiedenen Generationen um ein paar Jahre, aber so der grobe Rahmen. Die Gen-Z wächst in den frühen 2000er Jahren auf und ist somit geprägt von technischem Fortschritt, mobilen Endgeräten und der einen oder anderen Krise. So betritt sie beispielsweise den Arbeitsmarkt unmittelbar vor oder mitten in der COVID-19-Pandemie.
Die Gen-Z ist anders wie vorherige Generationen. Andere Ziele, andere Werte, andere Bedürfnisse. Gerade weil sie so anders ist, entstehen Vorurteile und Zweifel. Aber was steckt hinter diesen Vorurteilen? Gemeinsam schauen wir uns drei bekannte Vorurteile an, Du und Ich. Los geht’s.
VORURTEIL 1: Die Gen-Z ist nicht ehrgeizig und faul. Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig. Die Gen-Z ist nicht ehrgeizig, möchte am Liebsten gar nicht arbeiten – oder wenn, dann aus der Hängematte an irgendeinem Strand. Doch im Arbeitskreis diskutierten wir ein ganz anderes Bild: Die Gen-Z zeichnet sich durch hohe Bildungsstandard und Leistungsbereitschaft aus. Sie haben schon früh Zugang zu vielerlei Informationen und auch Bildungsmöglichkeiten. Viele Mitglieder dieser Generation haben selbst hohe Ansprüche an sich selbst und streben nach persönlichen, wie auch beruflichem Erfolg.
Deutlich zu sehen ist ein Wertewandel bzw. eine Verschiebung der Definition von Erfolg. Während vorherige Generationen ihren Erfolg an klassischen Parametern wie der Karriereleiter oder finanzieller Sicherheit bewerteten, tickt die Gen-Z anders. Den Mitgliedern ist die persönliche Entfaltung wichtig, sie prioritisieren Werte wie Work-Life-Balance, persönliche Entwicklung und soziales Engagement. So sieht der Ehrgeiz, Motivation und das persönliche Empfinden von Erfolg in dieser Generation anders aus zu vorherigen.
VORURTEIL 2: Die Gen-Z ist wenig loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber. Um diesen Stereotyp zu entkräftigen, ist es wichtig, auf die Werte und Bedürfnisse der Gen-Zler zu schauen. Die Gen-Z sucht nach sinnvoller Arbeit, die ihren Werten entspricht. Die authentisch ist und mit ihren Bedürfnissen übereinstimmt. Sie möchten wertgeschätzt und respektiert werden, als Mitarbeiter:in, aber vor allem als Mensch. Sie legen Wert auf die persönliche Entfaltung und Weiterentwicklung, privat wie beruflich. In ihrer Arbeit schätzen sie ein kollegiales Umfeld, das sich gegenseitig unterstützt und wertschätzt.
Das Argument, dass diese Generation wenig loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber ist, höre ich oft. Aber anstatt Gegenargumente zu finden, ist es ebenso wichtig, auf den Ursprung des Vorurteils zu schauen. Oft verlassen Menschen, unabhängig der Generation, den Arbeitgeber dann, wenn sie unzufrieden sind oder dieser nicht mehr ihren Werten oder Bedürfnissen entspricht. So auch diese Generation. Fragen, die sich diese Generation stellt, könnten in etwa so lauten:
Hat meine Arbeit einen Sinn? Stimmt mein Arbeitgeber und das Unternehmen überein mit meinen Werten und dem, was mir wichtig ist? Nehme ich die Unternehmenskultur als posititv und wertschätzend wahr? Kann ich mich frei entfalten und auch weiterentwickeln? Sind meine eigenen Ideen willkommen und werden ernst genommen?
Sollte die Antwort auf eine oder mehrere dieser Fragen kein „hell yeah“ sein, könnte der eigene Arbeitsplatz nochmals überdacht werden. Stimmt dieser nämlich nicht mit den eigenen Werten überein, kann das zu Frustration führen. Und zur Kündigung. Also, Appell an alle Unternehmen: Wie könnt ihr auf eure Mitarbeiter:innen zugehen, dass sie mehr „hell yeah“-Momente erleben?
VORURTEIL 3: Die Gen-Z ist egoistisch und rücksichtslos. Oftmals wird behauptet, diese Generation sei selbstzentriert und setze sich an erste Stelle. Ein Argument dafür könnte sein, dass die Gen-Z in einer Zeit des technologischen Fortschrittens und der Selbstverwirklichung aufgewachsen ist. Aber betrachten wir mal die Gegenseite: Die Gen-Z zeigt ein großes Interesse an sozialen Fragen, wie Gleichberechtigung oder Umweltschutz. Und warum? Weil sie in einer Zeit groß geworden ist, die von Krisen geprägt ist. Weil sie die Folgen des Klimawandels direkt spüren. Weil sie u.a. mit politischen Entscheidungen zurecht kommen müssen, die auf dem Rücken dieser Generation getroffen wurden.
Die Gen-Z kennt ihre Werte und Bedürfnisse, so auch im Berufsleben. Sie setzen Grenzen und fordern Respekt diesen gegenüber. Sie leben nicht um zu arbeiten, wie es frühere Generationen getan haben. Sie arbeiten, um sich ein Leben zu finanzieren, das sie gerne leben möchten. Auch das Thema Mental Health spielt hier eine Rollen. Vom People Pleaser zu mehr Selflove. Für die eigenen Werte einstehen. Grenzen aufzeigen und sich Gehör verschaffen. Nicht alles einstecken und so hinnehmen, weil man eine Anstellung zu verlieren hat. Für einige mag das vielleicht egoistisch erscheinen, für andere ist das die Auslebung des Wandels von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt. (Notiz am Rande: das heißt natürlich nicht, dass sich die Gen-Z im beruflichen Kontext alles erlauben kann. Die Rede ist von Ausbeutung, Nichteinhalten von Grenzen und ähnlichem.)
Schlusswort: Und was bedeutet das nun? Es gibt nicht die:den eine:n Vertreter:in der Gen-Z. Die Personen innerhalb der Generation sind so vielfältig wie nie. Kein homogene Masse, auf die alle Klischees und Vorurteile zutreffen. Es geht um Individuen. Individuen im Arbeitsleben, auf deren Bedürfnisse eingegangen werden soll. Individuen, von denen gelernt werden kann. Voraussetzung dafür ist eins: der Dialog. Nicht nur über die Gen-Z sprechen, sondern sie miteinbeziehen. Mit ihr sprechen statt über sie. So wie wir beide es gerade tun, Du und ich. Statt sich auf Klischees zu konzentrieren, sollten wir auf die Einzelnen Acht geben. Auf ihre Bedürfnisse. Auf ihre Werte. Und auf ihre Wünsche. Das gilt übrigens für jede Generation.
Über die Autorin:
Muriel Strohbeck ist Junior Marketing Managerin bei CloserStill Media Germany, der Veranstalterin der Zukunft Personal Events, Teil des Redaktionsteams und Schreiberin. Außerdem: Gen-Zlerin. Als Teil von WOMEN IN EXHIBITIONS DACH setzt sie sich für mehr Diversity in der Messebranche ein. Im Rahmen der FAMA Dachtagung 2023 in Basel trat sie als Referentin eines Panels rund um die Generation-Z auf und diskutierte Vorurteile, Werte und Anforderungen der Gen-Z an ihre Arbeitgeber.
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